Seite: Brennweite und Crop-Faktor, Sensorgröße

Immer wieder gibt es Mißverständnisse und Diskussionen darüber, wie sich die Brennweite an einer Kamera durch den Crop-Faktor verändert. Damit das ein und für alle mal klar gestellt wird:

Die Brennweite ändert sich NIEMALS durch Adaptierung!
Sie ist, wie auch der ausgeleuchtete Bildkreis, ein unveränderlicher technischer Parameter eines Objektivs.


Brennweite, Bildkreis und übrigens auch die Lichtstärke ändern sich auch nicht durch den Crop-Faktor; genausowenig durch das Auflagemaß oder die Sensorgröße.

Durch den Crop-Faktor können allerdings Objektive in ihrer Bildwirkung verglichen werden, obwohl sie durch unterschiedlich große Bildkreise auch unterschiedliche Sensorgrößen ausleuchten.

Man spricht dann auch von equivalenten Brennweiten und bezieht sich dabei auf klassisch Kleinbildformat (KB), sprich 36x24 mm Kleinbildfilm.

Denn zu Kleinbildzeiten (35mm-Film: Bildformat 36x24mm, Bilddiagonale und ausgeleuchteter Bildkreis ungefähr 43,27mm) hatte es isch eingebürgert, die Bildwirkung der Objektive im Kopf mit deren Brennweiten (anstatt dem Bildwinkel) zu verknüpfen.

Nun hängen wegen den optischen Gesetzen die Sensorgröße und der Bildwinkel mit der Brennweite zusammen, sie bilden eine lineare Beziehung. Wenn man beispielsweise Normal-Objektive vergleicht (ca. 50mm Brennweite an Kleinbild), dann geht man stillschweigend davon aus, daß die alle einen Bildwinkel von ungefähr 45° auf dem Sensor abbilden.
Die dazu nötige Brennweite ist abhängig vom Sensorformat. Wenn der Fotograf einen kleineren Sensor belichtet, dann muß er für die gleiche Bildwirkung und den vergleichbaren Bildausschnitt auch eine kleinere Brennweite wählen.

Sensorformate und -größen
Da es keine verbindliche Vereinbarung für digitale "Fast-Kleinbildformate" gibt, kocht da jeder Sensorhersteller sein eigenes Süppchen:



In der folgenden Grafik sind verbreitete moderne Sensoren maßstäblich exakt einander gegenübergestellt. Kompaktkameras verwenden üblicherweise nochmal deutlich kleinere Sensoren als die Pentax Q, professionelle Mittelformatkameras verwenden (z.T. wesentlich) größere Sensoren als Kleinbild. Der äußere Kreis stellt die (idealerweise) ausgeleuchtete Fläche eines klassischen Kleinbild-Objektivs dar. Man sieht schön, wie der Kleinbildsensor diesen fast ganz ausnutzt.

Man beachte, dass praktisch alle modernen Objektive - besonders jene die als "digital" gekennzeichnet sind - nur einen Teilbereich der Fläche ausleuchten. Das gilt für den weiten Bereich der meist (und falsch) als "APS-C" bezeichneten Größe, der blau dargestellte Rand stellt die Bandbreite der Variationen dieser Modelle dar.
Die größten Sensoren darunter Sonys, die von vielen Herstellern (auch Nikon DX) verbaut werden; das dünne helle Rechteck entspricht der Samsung-Variante, während der innere Rand des Rahmens die Fläche von Canons Variante kennzeichnet.

Etwas kleiner, aber noch größer als (Micro-)FourThirds, ist der lachsfarben dargestellte Foveon-Sensor aus der Sigma DP- und SD-Serie (wobei der neueste, hochauflösende Foveon aus der SD-1 wieder so groß ist wie APS-C).

Der innere, hellere Kreis, stellt die ausgeleuchtete Fläche von Four Thirds (und natürlich auch Micro Four Thirds) dar. Die hellblaue Fläche darin steht für FourThirds (im 4:3 Bildverhältnis), die von der Panasonic eingeführten GH-Multiformatsensoren unterstützen auch das 3:2 Bildverhältnis (mit einem hellen Rand angedeutet).
Es leuchtet ein, daß man den kleineren Sensor auch mit größeren Bildkreisen (und damit praktisch allen verbreiteten Objektiven) nutzen kann. Man erhält dann nur einen Ausschnitt des möglichen Bildes. Umgekehrt kann man aber keine "kleinen" Objektive für einen größeren Sensor benutzen, weil der nicht ausgeleuchtet werden kann.

Die Nikon 1 genannte Systemkameraserie (Nikon CX-Sensorformat, angekündigt 2011) ist grellgelb dargestellt. Etwas kleiner noch die weiße Fläche darin eine Darstellung des Fuji X10 Sensors (2/3"). Und noch kleiner, schön orange, die Sensormaße der Pentax Q.

Auch wenn das hier anders scheinen mag: die meisten Kompaktkameras nutzen nochmal wesentlich kleinere Sensoren als die Pentax Q!



Das Verhältnis der Bilddiagonale zu Kleinbild (35mm-Film) wird durch den Crop-Faktor ausgedrückt. Und dieser Crop-Faktor hilft bei der Auswahl einer Brennweite, die am anderen Bildformat den gleichen Bildwinkel darstellt, also einen vergleichbaren Bildausschnitt ergibt.


Aus dem bisher gesagten lässt sich nun auch leicht eine Tabelle ableiten, die Brennweiten an verschiedenen Sensoren zu vergleichen, wobei nur gemäßigte Weitwinkel und leichte Telebrennweiten aufgeführt sind:



Alle größeren und sehr viel kleineren Brennweiten sind manuell mit dem Crop-Faktor zu errechnen; wie man oben sieht geht das ganz einfach.

Wozu brauche ich den Crop-Faktor noch?

Grundsätzlich gar nicht , aber der Crop-Faktor hilft noch an anderer Stelle. Die alten - bei Kleinbild gültigen - Tabellen und Faustformeln können nämlich mit dem Crop-Faktor schnell zu einer gleichwertigen Angabe für das benutzte System führen (wenn beispielsweise dort nicht verzeichnet).

Konkret für (Micro) Four Thirds mit einem Crop-Faktor 2 gegenüber Kleinbild, lassen sich die folgenden Angaben für Kleinbild schnell übertragen:

Verwacklung:
Die Faustformel "Kehrwert der Brennweite für Kleinbild in Millimetern" nimmt man als verwackelungsfreie Belichtungszeit an. Für ein 100er Teleobjektiv an Kleinbild sollte man Belichtungszeiten kürzer oder gleich 1/100 Sekunden benutzen.
Entsprechend gilt für das 20er an FT eine equivalente Brennweite von 40 für Kleinbild, man sollte Belichtungszeiten kürzer oder gleich 1/40 Sekunde benutzen (Kehrwert vom Ergebnis Brennweite 20mm mal Crop-Faktor 2).

Freistellung:
Das Freistellungspotential einer Blendenöffnung ist ebenfalls durch den Crop-Faktor zu ermitteln. Die Blendenzahl mal dem Crop-Faktor gibt die Blende an Kleinbild (und entsprechender Brennweite) an; ein 20er an FT mit Blende 2.8 verhält sich wie ein 40er (Brennweite 20mm mal Crop-Faktor 2) an Kleinbild mit Blende 5.6 (Blende 2.8 mal Crop-Faktor 2).

Bezüglich der Belichtung jedoch bleibt der Crop-Faktor immer unberücksichtigt!

Wenn ich an einem Kleinbild mit 50er Objektiv und Blende 4 eine Belichtungszeit von 1/100 Sekunde verwende, so kann ich mit einem 25er an FT die gleiche Kombination aus Blende und Belichtungszeit verwenden. Will ich auch eine vergleichbare Freistellung erreichen und benutze Blende 2, so kann ich die gleiche Belichtung mit einer Belichtungszeit von 1/400 Sekunde erreichen.

Kleinere Sensoren sind schneller, solange die Eintrittspupille gleich groß ist; das ist in der Praxis natürlich nicht der Fall, relativiert aber die oft kolportierte Vorstellung von kleinen Sensoren als lichtschwach. Ein "altes" Objektiv (groß) an einem kleinen Sensor ist nämlich eher schnell und lichtsterk!

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